KiK zahlt! Nach fast vier Jahren des tödlichen Fabrikbrandes in Pakistan kommt es zur Einigung über die Entschädigung der Opfer

Nach vier Jahren des öffentlichen Protests und Monate andauernden Verhandlungen gibt es nun eine Einigung bezüglich der Entschädigung der Opfer. Die Opfer und Angehörigen der getöteten ArbeiterInnen der Ali Enterprise Fabrik in Pakistan sollen 5 Millionen US Dollar als Entschädigung erhalten.

Am 11. September 2012 verloren mehr als 250 ArbeiterInnen ihr Leben und über 50 Menschen wurden bei dem schlimmsten Fabrikbrand in Asien, der Ali Enterprise Fabrik in Karachi, verletzt. Die ArbeiterInnen verbrannten bei lebendigem Leib, da sie hinter vergitterten Fenstern und versperrten Ausgängen eingeschlossen waren. Andere sprangen um ihr Leben zu retten von den oberen Stockwerken der Fabrik in die Tiefe und erlitten dabei dauerhafte Verletzungen und Behinderungen.

Das deutsche Unternehmen KiK, der einzige bis heute bekannte Kunde von Ali Enterprise, hat nun zugestimmt, eine zusätzliche Entschädigungssumme von 5,15 Millionen US Dollar für Lohnausfälle, die Kosten für ärztliche Behandlungen und Rehabilitation an die verletzte Überlebenden und die Angehörigen derer, die bei dem Unglück ums Leben gekommen sind, auszuzahlen. Zuvor hatte KiK bereits 1 Million US Dollar in einen Entschädigungsfond eingezahlt, nachdem es im Dezember 2012 eine Vereinbarung mit der pakistanischen Arbeitsrechtsorganisation PILER unterzeichnet hatte.

Darin versprach KiK auch die langfristige Entschädigung der Opfer finanziell zu unterstützen. Nichtsdestotrotz waren öffentliche Kampagnen und Proteste der Pakistani National Trade Union Federation (NTUF), PILER, IndustriALL Global Union, der die NTUF angehört, Clean Clothes Campaign (CCC) – Kampagne für Saubere Kleidung, und anderen Verbündeten, wie der UNI Global Union nötig, um eine angemessene Entschädigung zu gewährleisten.

Die Einigung zur Entschädigung der Opfer ist das Ergebnis langer Verhandlungen zwischen IndustriALL, CCC, and KiK, die auf Anfrage des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), die Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) geführt hat. Nasir Mansoor, der stellvertretende Generalsekretär von NTUF sagt: „Diese Einigung ist historisch und beispiellos in der Geschichte der pakistanischen Arbeiterbewegung. Nach vier Jahren Kampf erfahren die Opfer dieser Tragödie endlich Gerechtigkeit und ihr Schmerz und Leiden werden international anerkannt. Wir danken der Gewerkschaft IndustriALL und der Clean Clothes Campaign CCC, die die Anliegen der ArbeiterInnen erfolgreich vertreten haben. Die ILO hat auch einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass diese bahnbrechende Einigung zu Stande kam. Möge sie uns daran erinnern das Sicherheit am Arbeitsplatz ein Recht und kein Privileg ist. “

Saeeda Khatoon, Witwe und Vize-Vorsitzende der Ali Enterprise Factory Fire Affectees Association (Vereinigung für Betroffene des Ali Enterprise Fabrikbrands), hat ihren einzigen Sohn bei dem Brand verloren: “Es ist ein Tag der Atempause für die Angehörigen der Opfer, denn ihr Schmerz und ihre Schreie wurden erhört. Wir wissen, dass unsere Liebsten nie wieder zu uns zurückkehren werden, aber wir hoffen, dass so eine Tragödie in Zukunft nie wieder passiert. Die Regierung, Unternehmen und Fabrikeigentümer müssen die Arbeitsrechte und Sicherheitsbestimmungen für Fabriken einhalten.”

Karamat Ali, Geschäftsführer von PILER, sagte: „Auch wenn die Entschädigungszahlungen die getöteten Opfer nicht wieder zum Leben bringen können, so hoffen wir doch, dass sie die finanziellen Nöte ihrer Angehörigen lindern. Wir fordern die pakistanische Regierung dazu auf, den 11 September als Tag der Sicherheit am Arbeitsplatz zu erklären, um mehr Bewusstsein zu schaffen und die Sicherheit und den Gesundheitsschutz von ArbeiterInnen zu verbessern.“

Die vereinbarte Entschädigung basiert auf der ILO Konvention 121 zu Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und ist dazu bestimmt, die geringfügigen Auszahlungen an die Opfer durch die pakistanische Sozialversicherung, zu ergänzen. Jyrki Raina, Generalsekretär von IndustriALL, sagte: “Letztendlich konnten wir uns auf die langfristige Entschädigung der Opfer einigen und somit ein wenig Gerechtigkeit für die sie und die Angehörigen der Verstorbenen erreichen. Wir möchten ein Lob an KiK aussprechen, dafür Verantwortung zu übernehmen und die Opfer nach internationalen Standards zu entschädigen. Nun ist es höchste Zeit für nachhaltige Sicherheit und Gesundheitsschutz in der Textilindustrie in Pakistan zu sorgen, so wie wir es mit dem Accord in Bangladesch tun.”

Nur wenige Wochen vor dem verheerenden Brand erhielt die Fabrik Ali Enterprises ein SA 8000 Zertifikat des Zertifizierungsunternehmens Social Accountability International. Dieses besagt, dass die Fabrik vermeintlich internationale Sicherheitsstandard in neun Punkten, darunter Arbeits- und Gesundheitsschutz, erfüllt hat. Die anschließende Tragödie verdeutlicht jedoch das Versagen von Sozial Audits und Zertifizierungen und hinterlässt schwerwiegende Zweifel bezüglich der Qualität der Sicherheitsinspektionen in Pakistan, aber auch die Einhaltung der Arbeitsrechte und Sicherheitskodizes.

Ineke Zeldenrust von der Clean Clothes Campaign berichtet: “Wir freuen uns, dass sich KiK seiner Verantwortung und Sorgfaltspflicht bewusst ist, Dieses Abkommen ist ein gutes Beispiel dafür, dass Unternehmen Verantwortung für Arbeitsunfälle und Arbeitsunfälle mit Todesfolge in ihrer Lieferkette, übernehmen können und müssen, besonders in Ländern, in denen Arbeitsplätze bekanntlich nicht sicher sind, TextilarbeiterInnen in sind weiterhin einem großen Risiko ausgesetzt. Alle Unternehmen müssen ihren Sorgfaltspflichten nachkommen, um schreckliche Ereignisse wie dieses in Zukunft zu verhindern“.

Dies ist das dritte Entschädigungsabkommen nach weiteren Fabrikunglücken 2012 bei der Fabrik Tazreen Fashions und 2013 bei dem Einsturz des Rana Plaza Gebäudes beide in Bangladesh, das durch die Arbeitsbewegung ausgehandelt wurde. Zusammenfassung des Abkommens:
• Die 5,15 Millionen US Dollar, die von KiK gezahlt werden beinhalten 250,000 US Dollar um Kursschwankungen aufzufangen, d.h. 4.9 Millionen US Dollar gehen an die betroffenen Familien und Überlebende.
• Die ILO wird dabei helfen einen Entschädigungsprozess in Absprache mit relevanten Interessensgruppen festzulegen, so dass die Entschädigungszahlungen Anfang 2017 beginnen können.
• Insgesamt sieht das Abkommen eine Entschädigungssumme von 6.6 Millionen US Dollar vor. Davon werden 5.9 Millionen US Dollar von KiK bereitgestellt und 700,000 US Dollar werden vom Sozialversicherungssystem in Pakistan (SESSI und EOBI) als auch den Eigentümern von Ali Enterprises beigesteuert.
• Anspruchsberechtigte erhalten eine monatliche Rente. Die Höhe variiert und hängt sowohl von der finanziellen Situation der Person, als auch von der Anzahl der abhängigen Angehörigen ab.
• Die Rente entspricht nicht einem Lohn zum Leben, da die internationalen Standards zu Arbeitsunfällen den tatsächlich gezahlten Lohn zu Grunde legen. Im Abkommen zur Entschädigung der Ali Enterprise Opfer ist der zu Grunde gelegte Lohn jedoch großzügig und die Rentenbeträge so berechnet, dass sie die Inflationsrate mitberücksichtigen.
• Das Abkommen deckt keine Ansprüche auf Schmerzensgeld ab.

Pressemitteilung (pdf)

Kontakte:

Laura Ceresna-Chaturvedi,
Kampagne für Saubere Kleidung
ceresna@saubere-kleidung.de
Tel.: +49 (0)30-42 08 202-52,

Berndt Hinzman
INKOTA-netzwerk
hinzmann@inkota.de
Tel.: +49 (0)30 42 08 202-51

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