Gewerkschaftsrechte
Entscheidende Hebel der Beschäftigten in der Auseinandersetzung mit ihren Arbeitgeber*innen um bessere Arbeitsbedingungen und Bezahlung sind ihre Gewerkschaften. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 23/4 hält fest:
Wichtige Grundrechte der arbeitenden Bevölkerung sind die Versammlungsfreiheit und die Vereinigungsfreiheit.
Was ist das Recht auf Vereinigungsfreiheit?
Arbeiter*innen dürfen sich in einer Gewerkschaft vereinen, dürfen also eine Gewerkschaft gründen oder ihr beitreten. Nur gemeinsam können Beschäftigte sich effektiv für ihre Arbeitsrechte einsetzen.
… aber können sich Arbeiter*innen in Gewerkschaften organisieren?
Ein Beispiel aus der Schuh- und Lederindustrie: Arbeit ohne Arbeitsvertrag, Leiharbeit oder unangekündigte und schlecht bezahlte Überstunden sind besonders in der Schuh- und Lederproduktion in Indien, Bangladesch und Pakistan an der Tagesordnung. Ein Weg zur Stärkung der Rechte der Arbeiter*innen ist die Organisation in Gewerkschaften. Doch das Recht auf Vereinigungsfreiheit wird oft verletzt.
Wieso gibt es das Recht auf Vereinigungsfreiheit?
Gewerkschaften bieten legitime und effektive Wege für Arbeitende, ihre Rechte einzufordern. Gewerkschaften können im Namen der Beschäftigten Verhandlungen über Lohn und Arbeitsbedingungen führen. Sie tragen maßgeblich dazu bei, dass die Arbeitsbedingungen und Löhne der Arbeitenden verbessert werden.
Es gab immer Probleme mit der Bezahlung der Überstunden - die wurden nicht ausreichend bezahlt. Aber jetzt (seit wir einer Gewerkschaft angehören) werden sie angemessen bezahlt. Wir können jetzt auch Geld an unsere Eltern nach Hause schicken, das hilft unseren Familien.
Bangladesch: Umfrage unter Gerbereiarbeiter*innen
Eine Studie unserer Mitgliedsorganisation INKOTA in Gerbereien in Bangladesch belegt die Unterschiede in Bezug auf Arbeit, Lohn und Beschäftigung, die Gewerkschaftsarbeit in den Fabriken macht.
Die Arbeit von Gewerkschafter*innen kann gefährlich sein
In Sri Lanka kämpfen Arbeiter*innen 2023 für die Gewerkschaftsfreiheit in Freihandelszonen.
Verhältnismäßig wenige Textilarbeiter*innen sind in Gewerkschaften aktiv. Der Grund: Viele haben Angst. Noch immer werden Textilarbeiter*innen in Produktionsländern die Gewerkschaftsrechte verweigert. Immer wieder erreichen uns Berichte aus Fabriken, in denen die Fabrikleitung die Gründung von Gewerkschaften gewaltsam unterdrückt.
Arbeiter*innen werden eingeschüchtert, Gewerkschafter*innen fristlos entlassen und Gewerkschaftsführer, die sich bei Fabrikleitungen für die Rechte der Beschäftigten einsetzen, ermordet. Manche Fabrikleitungen setzen kriminelle Gruppen oder gelbe, so genannte ‚betriebsnahe‘ Gewerkschaften ein, um jene Arbeiter*innen zu terrorisieren, die unabhängigen demokratischen Gewerkschaften beitreten oder sie gründen wollen.
Der Global Rights Index Report 2024 belegt:
- Zwischen April 2023 und März 2024 wurde in 87 Prozent aller Länder das Streikrecht verletzt.
- Bangladesch, Myanmar, Tunesien und Türkei sind erneut unter den 10 Ländern, die die Rechte von Arbeiter*innen am gravierendsten unterdrücken.
Die Modemarken sind dafür mitverantwortlich! Mit ihrer Forderung nach niedrigen Kosten setzen sie die Produktionsfirmen unter Druck – und die niedrigsten Kosten werden auf dem Rücken der Arbeiter*innen erzielt.
In kaum einem Betrieb in Indien gibt es eine gewerkschaftliche Interessenvertretung. Dies ist einer der zentralen Gründe dafür, dass sich die Arbeitsbedingungen nicht verbessern. Mit einer unabhängigen Gewerkschaft im Betrieb sind die Chancen für die Einhaltung der Arbeitsgesetze und damit für bessere Arbeitsbedingungen größer.
Union Busting: Behinderung von Gewerkschaftsarbeit auch in deutschem Namen?
Teurer gleich fair? Leider nein! Am wichtigsten Produktionsstandort von HUGO BOSS geht die Unternehmensleitung aggressiv gegen Gewerkschafter*innen vor.
Auch deutsche Marken missachten die ILO-Kernarbeitsrechte. Drei Beispiele aus Sri Lanka und Bangladesch:
In Sri Lanka müssen Arbeiter*innen beim Nike-Zulieferer Texlan Centre monatelang darum kämpfen, für ihre Überstunden bezahlt zu werden. Und bei Lanka Leather Fashion, einem Unternehmen in deutschem Besitz, das Hugo Boss mit Trachtenlederhosen beliefert, behindert die Fabrikleitung seit Jahren die Gründung einer Gewerkschaft (Stand März 2024).
In Bangladesch wurde der Gewerkschaftsführer Shahidul Islam am 25. Juni 2023 vor der Fabrik Prince Jacquard Sweater Ltd. überfallen und getötet. Zuvor hatte er mit der Fabrikleitung über ausstehende Prämien und Löhne gesprochen. Während sie ihn schlugen, beschimpften ihn die Männer, weil er die Löhne der Arbeiter*innen gefordert hatte. Prince Jacquard Sweaters Ltd. beliefert u. a. T.K.Maxx und New Yorker.
Wie unterstützt die Kampagne für Saubere Kleidung die Arbeit von Gewerkschaften?
Wir informieren die Konsument*innen in Deutschland über diese Probleme in den Produktionsländern, schreiben Briefe an und führen Gespräche mit deutschen Marken und Modeunternehmen.
Mit den Branchengewerkschaften in den Produktionsländern greifen wir die Probleme vor Ort auf und suchen nach Lösungen, indem wir Beschwerden einlegen zum Beispiel beim Bündnis für nachhaltige Textilien oder beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).
Diese Zusammenarbeit führt immer wieder zu wichtigen Erfolgen. Zum Beispiel gewann eine Tanex-Arbeiterin in Rumänien Ende 2022 den Prozess gegen ihre Fabrik. Im März 2023 konnten die Arbeiter*innen von Orljava in Kroatien, die Oberhemden für die deutsche OLYMP nähten, wichtige Rechte erstreiten. Und schließlich in Sri Lanka: Nach monatelangen Kämpfen konnten Mitte Februar 2024 achtzehn entlassene Beschäftigte von Texlan Centre an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Entgangener Grundlohn und Prämien für die Zeit der Suspendierung wurden nachgezahlt und ihre neu gegründete Gewerkschaft konnte die Arbeit aufnehmen.
Solidarität ist unsere stärkste Waffe, deshalb unterstütze unsere Solidaritätsarbeit mit deiner Spende.