Seit mehr als drei Monaten kämpfen die Menschen Myanmars gegen die Gewaltherrschaft des Militärs. Friedlich Demonstrierende haben innerhalb des Civil Disobedience Movements (CDM) zur „Spring Revolution“ aufgerufen.
Seit Beginn der Machtübernahme durch das Militär am 01. Februar sind laut der AAPP (Assistance Association for Political Prisoners) 759 Zivilist*innen von den Putschisten ermordet worden. Aktivist*innen und Gewerkschafter*innen stehen im Fokus der Verfolgung. Mitte März erklärte das Militärregime eine Reihe von Arbeitsrechtsorganisationen für illegal, darunter auch acht Partnerorganisationen der Clean Clothes Campaign. Um Repressalien und Verhaftungen zu entgehen, bleibt den meisten nur der Weg in den Untergrund.
Wie gefährlich die Lage für Arbeiter*innen und Menschenrechtsaktivist*innen durch die Machtübernahme des Militärs geworden ist, zeigt die Festnahme von Myo Myo Aye. Am 15. April wurde die Gewerkschafterin und Direktorin von STUM (Solidarity of Trade Unions in Myanmar) gewaltsam aus ihrem Büro entführt und unrechtmäßig verhaftet. Bereits während eines Deutschland-Besuchs 2018, bei dem sie auch mit FEMNET im Austausch stand, wies sie in Gesprächen mit Unternehmensmitgliedern aus dem Textilbündnis auf die schon damals prekäre arbeitsrechtliche Situation der Bekleidungsarbeiter*innen in Myanmar hin.
Heute, drei Jahre später, sind es Gewerkschaften und Arbeiter*innen, die den Widerstand gegen die Gewaltherrschaft anführen. Der Preis ist hoch: Demonstrierende müssen Durchsuchungen, Willkür und Festnahmen fürchten; nicht selten enden die Proteste tödlich, wie zuletzt im Industrievorort Hlaing Tharyar in Yangon, wo 60 Menschen der Gewalt zum Opfer fielen.
Doch die Arbeiter*innen bleiben stark im Kampf für ein demokratisches Myanmar Mit der Anfang Mai ausgerufenen „Spring Revolution“ gehen die Protestierenden weit über pro-demokratische Bewegungen der Vergangenheit hinaus. Nicht weniger als eine echte Demokratie ohne Kompromisse, eine weitaus gerechtere, integrativere und geeinte Gesellschaft – für dieses Ziel streiken die Menschen, protestieren friedlich, boykottieren und führen Akte des zivilen Ungehorsams durch.
Es sind vor allem Frauen, allen voran die Beschäftigten der Textilindustrie, die im Zentrum der Protestbewegung stehen und sich mit viel Engagement, Kreativität und Mut nicht nur den Militärs an sich, sondern auch den durch sie repräsentierten frauenfeindlichen und überkommenen gesellschaftlichen Normen entgegenstellen. Gleichzeitig treffen sie die Auswirkungen der politischen, wie auch der durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Krise, besonders hart. Zur allgemeinen schlechten Auftragslage kommen nun auch die Boykotte westlicher Modeunternehmen hinzu, die ihre Verbindungen zum Land aufgrund der unsicheren Lage abgebrochen haben. Arbeiter*innen, die ihren Job behalten konnten, kommen dennoch kaum über die Runden. Die abendliche Ausgangssperre lässt keine Überstunden mehr zu – für viele bisher eine überlebenswichtige Notwendigkeit, um das ohnehin magere Einkommen aufzubessern. Die stark angestiegenen Preise für Lebensmittel und Produkte für den täglichen Bedarf verschärfen die Situation für die Bevölkerung und für ein Land, das sich in seiner wohl tiefgreifendsten politischen Krise befindet.
FEMNET steht an der Seite der Textilarbeiter*innen und Gewerkschafter*innen, die ihr Leben im Widerstand gegen eine menschenverachtende Gewaltherrschaft aufs Spiel setzen. Wir sind zutiefst besorgt über die Ereignisse und über die Verhaftung von Myo Myo Aye. Gemeinsam mit der Clean Clothes Campaign fordern wir ihre sofortige Freilassung.