Anlässlich des am 9. April 2015 publizierten Nachhaltigkeitsberichts fordert die Kampagne für Saubere Kleidung von H&M die Umsetzung der gegebenen Versprechen mit konkreten Zahlen zu belegen. Mit seiner Ende 2013 angekündigten „Roadmap für einen fairen Existenzlohn“ will sich der Branchenführer Marketingvorteile verschaffen – doch auf den über 100 Hochglanzseiten des Berichts fehlen Belege für reale Verbesserungen der Lohnsituation der Textil-ArbeiterInnen. Aus Sicht der Kampagne für Saubere Kleidung ist das unethisch und bremst Fortschritte in der Textilindustrie.
H&M möchte nicht länger als skandalumwitterter Billiganbieter, sondern als sozial handelndes Unternehmen gelten. Dazu lancierte der schwedische Kleiderkonzern schon 2010 eine “Conscious Collection”. Seit kurzem sponsert das Unternehmen auch die „Ethical Fashion“-Seiten des britischen Guardian und war kürzlich sogar offizieller Unterstützer der grössten Schweizer Nachhaltigkeitsmesse, dem Eco-Festival in Basel. Dem Textilbündnis der Bundesregierung für öko-soziale Standards in der Lieferkette bleibt das Unternehmen fern, obwohl es sich gern als „Front Runner“ präsentiert.
Mit der 2013 medienwirksam lancierten „Roadmap für einen robusten fairen Existenzlohn“ auf der Europäischen Living Wage Konferenz in Berlin verpflichtete sich H&M außerdem, den rund 850.000 Textil-ArbeiterInnen bei seinen Hauptlieferanten vor allem in Bangladesch und Kambodscha bis 2018 einen fairen Existenzlohn zu bezahlen. Doch auch im heute veröffentlichten Nachhaltigkeitsbericht „Conscious Actions“ legt sich H&M nicht fest, wie hoch dieser sein soll.
Der aktuelle Bericht beinhaltet weder konkrete Benchmarks für einen Existenzlohn, noch Zahlen zur Lohnentwicklung in den drei Pilotprojekten in Bangladesch und Kambodscha oder strategische Leitlinien, wie die Erfahrungen aus diesen Projekten in die restliche Lieferkette einfliessen soll. Diese Frage ist umso drängender, als dass alle Pilotprojekte in Fabriken stattfinden, denen H&M 100 Prozent ihrer Produkte abkauft – eine Konstellation, die auf die übrigen 1923 Zulieferer kaum zutreffen dürfte.
Nicht einmal für das kambodschanisches Partnerschaftsprojekt, in dem die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) und eine schwedische Gewerkschaft involviert sind, hat H&M messbare Resultate vorgelegt. Entsprechend unglaubwürdig tönen die Nachhaltigkeitsabsichten in den Ohren der H&M Textil-ArbeiterInnen, die täglich darum kämpfen, genügend Essen für ihre Familien heimzubringen.
Athit Kong, Präsident der kambodschanischen Gewerkschaft C.CAWDU kommentiert: „Der Bericht von H&M reflektiert in keiner Weise die Realität in Kambodscha oder Bangladesch und es klingelt allein die hohle PR-Glocke“.
Die Kampagne für Saubere Kleidung fordert deshalb von H&M, den Worten endlich Taten folgen zu lassen und als erste konkrete Schritte
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die Existenzlohn-Benchmarks offen zu legen,
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mit den Gewerkschaften in Kambodscha ein nationales, verbindliches Existenzlohn-Abkommen für alle ArbeiterInnen auszuhandeln
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und zu unterzeichnen und transparent über dessen Umsetzung zu berichten.
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dem Textilbündnis für öko-soziale Standards in Deutschland beizutreten
Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) hat berichtet und die Koordinatorin der Schweizer CCC, Christa Luginbühl, zum Verhalten von H&M interviewt. Bericht SRF
Nachhaltigkeitsbericht H&M „Conscious Actions“
Hintergrundinfos Kampagne für Saubere Kleidung
Bericht Clean Clothes Campaign
Ansprechpartner:
Berndt Hinzmann, Kampagne für Saubere Kleidung, INKOTA-netzwerk, hinzmann@inkota.de
Bettina Musiolek, Entwicklungspolitisches Netzwerk Sachsen, ENS, 0178 877 32 98