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Auswirkungen der Corona-Krise: News aus Indonesien

Medienberichten zufolge könnten mehr als 70% der indonesischen Bekleidungsfabriken in den kommenden Monaten gezwungen sein, dauerhaft zu schließen. Sie können die schwindenden Bestellungen und die fehlende finanzielle Unterstützung nicht auffangen. David Welsh, Country Director der südostasiatischen Niederlassung des Solidarity Center, forderte die Marken auf, „in dieser Krisenzeit Flagge zu zeigen. „Mit den enormen Gewinnspannen, die sie auf dem Rücken der Textilarbeiter*innen in Südostasien erzielt haben, sind sie leicht in der Lage, Arbeiter*innen und Fabriken in diesem Zeitraum zumindest zu unterstützen“, fügte er hinzu. Hier weitere wichtige Meldungen der letzten Zeit:

#Löhne

Medien berichten, dass das Arbeitsministerium ein Rundschreiben veröffentlicht hat, das den Unternehmen erlaubt, die Urlaubsgelder ihrer Arbeitnehmer*innen für religiöse Feiertage in Raten zu zahlen oder sie sogar um einen vereinbarten Zeitraum zu verschieben, falls sie in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Kritiker*innen sagten jedoch, dass diese Entscheidung die Arbeitsrechte verletzen könnte, da sie auch zahlungskräftigen Unternehmen Möglichkeiten bietet, Bonuszahlungen aufzuschieben. „Die Arbeitgeber*innen haben bereits ohne das Rundschreiben eine starke Verhandlungsmacht. Mit dem Rundschreiben werden die Arbeiter*innen nun zunehmend unterdrückt “, sagte Hadi Subhan, Arbeitsexperte der Airlangga-Universität, und forderte die Unternehmen auf, ihre finanzielle Situation transparent zu machen. Der Präsident des indonesischen Gewerkschaftsbundes (KSPI), Iqbal, argumentierte, dass die Option zur Verschiebung nur kleinen und mittleren Unternehmen eingeräumt werden sollte. „Wir müssen das Rundschreiben des Ministeriums ablehnen. Arbeitgeber*innen müssen 100% der Urlaubsgelder ihrer Arbeiter*innen bereitstellen.“, sagte Iqbal.

Laut Medien und Nachrichten aus dem Clean Clothes Campaign (CCC)-Netzwerk hat die PT Masterindo-Fabrik in Bandung City, die Berichten zufolge für Guess, Ivanka Trumps Marke, DKNY, s. Oliver, Habitat und viele andere produziert hat, vorübergehend geschlossen – ohne die Gewerkschaft FSPSI zu informieren. Die Gewerkschaft fordert von der Fabrikleitung einen geeigneten Plan dazu, wie lange die Schließung dauern wird, wie Löhne und Feiertagsprämien während der Schließung gezahlt werden und welche Sicherheitsmaßnahmen bei der Wiedereröffnung getroffen werden. Am 6. Mai wurden die Arbeiter*innen für die Arbeit des letzten Monats ausgezahlt, ohne zu wissen, ob und wann sie wieder bezahlt werden.

Ein Artikel in der Jakarta Post, verfasst von Andriko Otanga, Mitglied des CCC-Netzwerks, berichtet, dass das von der Regierung eingeführte Trainingsprogramm für Arbeitsuchende und entlassene Arbeiter*innen, das Zugang zu Online-Schulungen und 600.000 Indonesische Rupiah (40,63 USD) pro Monat bietet, nicht den Bedürfnissen der Arbeiter*innen entspricht. Inmitten von Massenentlassungen durch die Corona-Krise sei ein alternatives Einkommen erforderlich, so Otanga. Die Regierung solle daher erwägen, die 5,6 Billionen Rupiah aus dem Programm auf direkte Zahlung von Hilfsgeldern umzustellen – insbesondere während des Fastenmonats Ramadan, da Grundnahrungsmittel in dieser Zeit üblicherweise teurer werden.

Zahlreiche Arbeiter*innen nahmen am Tag der Arbeit an der #TuntutanChallenge („Tuntutan“ = Forderung) teil. Hier zeigen die Arbeiter*innen Transparente mit ihren Forderungen an die Regierung und Arbeitgeber*innen, um Massenentlassungen zu stoppen und sich für eine Auszahlung der Löhne und Feiertagsprämien einzusetzen.

#Entlassungen

Medien berichten, dass die Victory Chingluh-Fabrik, ein Nike-Zulieferer, fast 5.000 Mitarbeiter*innen mit einem Jahr oder weniger Erfahrung im Unternehmen entlassen hat. Suwandi Hekkindo, Leiter der GSBI Labour Union, erklärte, dass die Gewerkschaft das Management auffordere, stattdessen Stunden und Überstunden zu kürzen. Das Management entgegnete jedoch, dass „Entlassungen unvermeidbar seien“. Viele andere Arbeiter*innen und Gewerkschaften in ganz Indonesien berichten von Entlassungen in der Bekleidungsindustrie des Landes.

„Im schlimmsten Fall könnten 70% unserer Mitglieder entlassen werden“, sagte Ramidi, der Generalsekretär der Gewerkschaft Serikat Perkerjaan Nasional (SPN), die mehr als 242.300 Textilarbeiter*innen vertritt. Er fügte hinzu, dass „die Fabriken COVID-19 als Ausrede benutzen, um Arbeiter*innen zu entlassen und an einen günstigeren Ort zu ziehen“. David Welsh, Country Director der südostasiatischen Niederlassung des Solidarity Center, forderte die Marken auf, „in dieser Krisenzeit Flagge zu zeigen.“ Mit den enormen Gewinnspannen, die sie auf dem Rücken der Textilarbeiter*innen in Südostasien erzielt haben, sind sie leicht in der Lage, Arbeiter*innen und Fabriken in diesem Zeitraum zumindest zu unterstützen“, fügte er hinzu.

Medien berichten, dass laut dem indonesischen Verband der Faden- und Faserproduzenten (APSyFI) mehr als 70% der indonesischen Bekleidungsfabriken in den kommenden Monaten gezwungen sein könnten, dauerhaft zu schließen, da sie durch schwindende Bestellungen und fehlende finanzielle Unterstützung stark geschädigt werden. „Wir haben Liquiditätsschwierigkeiten, weil wir, obwohl wir kein Einkommen haben, immer noch Gebühren an die staatlichen Strom- und Gasunternehmen zahlen und gleichzeitig die Sozialversicherungsgebühren unserer Arbeitnehmer*innen begleichen müssen“, erklärte Redma Gita, Generalsekretärin des Verbandes.

#InformellerSektor

Einige der wirtschaftlich am stärksten von dieser Pandemie betroffenen Arbeiter*innen sind informelle Arbeitnehmer*innen, deren Tätigkeit durch COVID-19-Einschränkung zum Erliegen kommt. So schätzt die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), dass 1,6 Milliarden Arbeitnehmer*innen in der informellen Wirtschaft einem „massiven Schaden“ für ihren Lebensunterhalt ausgesetzt sind.

In diesem Zusammengang veröffentlichte die CCC einen Artikel über die drastischen Auswirkungen von COVID-19 auf das Leben der Textilarbeiter*innen, die vor Jahren für die Marke Uniqlo in der ehemaligen indonesischen Fabrik Jaba Garmindo produziert haben. Obwohl Uniqlo einer der weltweit größten Bekleidungshändler ist, kommt das Unternehmen seiner Verantwortung gegenüber den ehemaligen Arbeiter*innen nicht einmal ansatzweise nach.

„Im April vor 5 Jahren ging die Fabrik Jaba Garmindo, die Kleidung für Uniqlo herstellte, in Indonesien bankrott. In einem der schlimmsten und weiterhin ungelösten Fälle von Abfindungsdiebstahl aller Zeiten kämpfen noch immer 2.000 Textilarbeiter*innen um 5,5 Millionen US-Dollar, die ihnen gesetzlich als Abfindung zustehen würden. Die Arbeiter*innen, hauptsächlich Frauen, hatten nach dem Bankrott Schwierigkeiten, neue Fabrikarbeit zu finden. Sie wurden oft diskriminiert, weil sie zu alt waren, jahrelang bei Jaba Garmindo gearbeitet hatten oder aufgrund ihrer laufenden Kampagnenbemühungen inoffiziell auf die schwarze Liste gesetzt wurden. Sie waren daher gezwungen, sich auf unzureichende Einnahmen aus informeller Arbeit, wie Straßenverkäufen oder Kinderbetreuung, zu verlassen. Solche informelle Arbeit ist unter den COVID-19-Beschränkungen verboten, wodurch der einzige Einkommensweg für diese Arbeitnehmer*innen geschlossen wird. Als informelle Arbeiter*innen haben sie keinen Anspruch auf finanzielle Unterstützung. Eine Arbeiterin berichtet: „Wir essen nur einfachen Reis, das ist alles, was wir uns leisten können, und selbst der wird mit geliehenem Geld gekauft. Ich weiß nicht, was passieren wird, wenn die Dinge so weitergehen.“ Ihre einzige Hoffnung ist es, die gesetzlich geschuldeten 5,5 Millionen Dollar von Uniqlo zu erhalten. Die Autor*innen fordern Markenunternehmen wie Uniqlo dazu auf, das Leben derer zu schätzen, die ihre Gewinne ermöglichen. „In keinem Fall ist dies dringender als das von Jaba Garmindo und Uniqlo. #PayUpUniqlo. ”

Zum Thema Jaba Garmindo siehe auch dazu unsere Stellungnahme vom 22. April: Entschädigung fehlt weiterhin – 5. Jahr nach der Schließung der Fabrik Jaba Garmindo

 

 

Alle Bilder sind Standbilder aus einem Aktionsvideo zum 1. Mai von CCC South East Asia und indonesischen Partner-Gewerkschaften (Garteks, SPN, FBLP)

 


Auf unserer Corona-Themenseite sammeln wir fortlaufend Beiträge aus unserem Netzwerk zur Corona-Pandemie und den Auswirkungen auf die Beschäftigten in den Produktionsländern.

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