Medienberichten zufolge sollen bis zu 2.000 Fabriken in und um Dhaka seit dem 26. April die Produktion „planlos wieder aufgenommen“ und den vereinbarten Zeitplan für die Wiedereröffnung nicht eingehalten haben. Der enorme Zustrom von Arbeiter*innen nach Dhaka und andere Regionen erhöhe das Infektionsrisiko und es werde nicht genug getan, um die Sicherheit für die vier Millionen Beschäftigten in der Bekleidungsindustrie Bangladeschs zu gewährleisten, mahnen Gewerkschafter*innen. Gesundheitsexperten fordern die Schließung aller Fabriken, um das Virus einzudämmen. Hier, einige wichtige Meldungen der letzten Woche:
#Löhne
Medienberichten zufolge begannen am 3. Mai die Lohnauszahlungen für Textilarbeiter*innen aus dem Konjunkturpaket der Regierung. Laut New Age Bangladesh wird Arbeiter*innen für den Monat April aber voraussichtlich nur 60% der Löhne ausgezahlt. Darauf drängten die mächtigen Handelsverbände BGMEA und BKMEA. Die Gewerkschaften waren mit einer Forderung nach mindestens 80% in die Verhandlung gegangen. Mit an dem Treffen beteiligt war Amirul Haque Amin, Präsident von NGBWF, der im Daily Star die Entscheidung scharf kritisierte.
#InformellerSektor
„The Daily Star“ berichtet, dass Arbeiter*innen im informellen Sektor, 85% der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung des Landes ausmachen und diesen akuter Hunger droht. Informelle Arbeiter*innen erhalten nur wenig Beachtung von den politischen Entscheidungsträger*innen, da sie im Arbeitsgesetz kaum beachtet werden und nur wenige Möglichkeiten haben, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Wie Razequzzaman Ratan, Präsident der Socialist Labour Front, klarstellte: „Der gesamte informelle Sektor liegt außerhalb des Geltungsbereichs von Arbeitsgesetzen“.
Medien berichten, dass im jüngsten Bericht der ILO „ILO Monitor 3rd edition: COVID-19 and the world of work“, der am 29. April veröffentlicht wurde, Bangladesch zu den Ländern gehört, denen der stärkste Rückgang an Arbeitsstunden prognostiziert wird. „Die Krise verursacht eine beispiellose Verringerung der Wirtschaftstätigkeit und der Arbeitszeit“, sagte die ILO. Sie forderte gleichzeitig sofortige, gezielte und flexible Maßnahmen zur Unterstützung der Arbeitnehmer*innen und Unternehmen, insbesondere der Beschäftigten in der informellen Wirtschaft und in kleineren Unternehmen. Unterdessen deckt ein Artikel in The Daily Star mangelnde Initiative hinsichtlich der Einrichtung einer Datenbank über die Arbeitnehmer*innen im Land auf. Obwohl die Labour Policy schon 2012 versicherte, dass die Regierung Schritte unternehmen wird, um detaillierte Informationen über die Arbeiter*innen im Land zu erhalten. Wie Kohinoor Mahmood, Direktor des Bangladesh Institute of Labour Studies (BILS), jedoch klarstellte, ist diese Datenbank von wesentlicher Bedeutung, da „es ohne eine geeignete Datenbank keine Möglichkeit gibt, die Beschäftigten im unorganisierten Sektor systematisch zu schützen“.
#Gesundheitsschutz
Medienberichten zufolge hat der Gesundheitsminister Zahid Maleque erklärt, dass die Bekleidungsfabriken unter strikter Einhaltung der Gesundheitsvorschriften wieder produzieren sollen. Um sicherzustellen, dass die Regeln eingehalten werden, sagte er, dass ein separater Koordinationsausschuss unter Beteiligung von Gesundheitsministerium und Bekleidungsindustrie gebildet werde und dass der Ausschuss überwachen werde, ob die Gesundheitsvorschriften im Sektor umgesetzt werden. Er wiederholte, dass bis auf weiteres keine Arbeitnehmer*innen in den Regionen von einer Fabrik zur anderen wechseln können. „Wenn jemand die drei Distrikte (Dhaka, Narayanganj und Gazipur) verlässt, muss er oder sie in Hausquarantäne bleiben“, fügte er hinzu.
Anderen Berichten zufolge sollen fast 1.000 Bekleidungsfabriken bzw. sogar mehr als 2.000 Fabriken in und um Dhaka seit dem 26. April die Produktion „planlos wieder aufgenommen“ und den vereinbarten Zeitplan für die Wiedereröffnung nicht eingehalten haben. Dies habe zu einem enormen Zustrom von Arbeiter*innen nach Dhaka und in andere Regionen geführt und das Infektionsrisiko entsprechend erhöht. „Die Fabrikbesitzer haben gegen ihre eigene Entscheidung verstoßen, indem sie die Fabriken willkürlich wiedereröffneten“, sagte Amirul Haque Amin, Präsident der National Garment Workers Federation (NGWF). Es werde nicht genug getan, um die Sicherheit für die vier Millionen Beschäftigten in der Bekleidungsindustrie Bangladeschs zu gewährleisten. „Wer wird die Verantwortung übernehmen, wenn Hunderte von Arbeiter*innen krank werden?“, fragte Kalpona Akter, Geschäftsführerin des Bangladesh Center for Workers Solidarity (BCWS). Auch Ahsan H. Mansur, Direktor des örtlichen Think-Tank Policy Research Institute, sagte, man hätte mindestens noch eine weitere Woche Zeit gebraucht, um die Wiedereröffnung besser vorzubereiten. „Die Fabriken haben den Betrieb wieder aufgenommen, ohne viel darüber nachzudenken“, sagte er. „Es besteht ein großes Risiko der Virusübertragung unter den Arbeiter*innen“. Darüber hinaus berichtet The Financial Express, dass auch Gesundheitsexpert*innen auch die Entscheidung zur Wiedereröffnung der Fabriken kritisieren und bemerkten, ein solch „verfrühter“ Schritt könne einen weitaus tödlicheren Ausbruch auslösen.
Unterstützt wird diese Aussage durch die Dhaka Tribune, die berichtet, dass Tausende von Textilarbeiter*innen unter hohem nach Dhaka zurückkehren, um sich zur Arbeit zu melden. Zu dieser Situation sagte ein Textilarbeiter: „Uns wurde über unsere Mobiltelefone kommuniziert, wenn wir uns nicht so bald wie möglich an unseren Arbeitsplätzen melden, verlieren wir den Arbeitsplatz“. Darüber hinaus berichtet Reuters, dass eine Quelle aus dem bangladeschischen Arbeitsministerium besorgt darüber sei, die wiedereröffneten Fabriken könnten nicht in der Lage sein, Social Distancing in den Fabriken umzusetzen.
Medien berichten, dass sieben Textilarbeiter*innen in Savar positiv auf COVID-19 getestet wurden. Dr. Sayemul Huda, Referent für Gesundheit und Familienplanung in Upazila, forderte in einem Brief die Schließung aller Fabriken, um das Virus einzudämmen. Er teilte der Dhaka Tribune mit: „Die Coronavirus-Situation hat sich seit der Aufhebung der Sperre und der Wiedereröffnung der Bekleidungsfabriken in Savar von Tag zu Tag verschlechtert. Wenn die Fabriken nicht geschlossen bleiben und das Gebiet nicht unter Verschluss gehalten wird, kann die Situation gefährlich werden“.
Auf unserer Corona-Themenseite sammeln wir fortlaufend Beiträge aus unserem Netzwerk zur Corona-Pandemie und den Auswirkungen auf die Beschäftigten in den Produktionsländern.
Beitragsbild: Bangladesch © Taslima Akter | FEMNET 2020