„Flinke Finger“ werden den Kindern nachgesagt, die auf indischen Baumwollfeldern zu Zehntausenden Saatgut produzieren. Ihre Arbeit kann unsichtbar in jedem Kleidungsstück oder Handtuch aus indischer Baumwolle stecken. Wer Textilien und Bekleidung ohne Kinderarbeit anbieten (oder konsumieren) will, muss deshalb auch der Frage nachgehen, unter welchen Bedingungen das Saatgut produziert wurde, aus dem dann später die Baumwollfaser gewonnen und verarbeitet wurde.
Bereits vor zehn Jahren hat der indische SÜDWIND-Partner „PRAYAS – Center for Labour Research and Action“ die Situation von Kindern auf Baumwollsaatgutfeldern im indischen Bundesstaat Gujarat untersucht. Ende 2017 hat PRAYAS im Auftrag von SÜDWIND die damaligen Untersuchungsergebnisse in einer umfangreichen Vor-Ort-Recherche überprüft. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Zwar kann man von einem Rückgang von Kinderarbeit im Rahmen von Lohnarbeit und Wanderarbeit auf weit entfernte Saatgutfelder ausgehen. Allerdings nahm im Gegenzug die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen unter dem Deckmantel der „Familienarbeit“ zu. Als eine zentrale Ursache wurden die anhaltend extrem niedrigen Löhne ermittelt, die weit unter dem staatlichen Mindestlohn liegen: Zu solchen Löhnen arbeiten meist nur Kinder, Jugendliche und Frauen.
Die Studie schließt mit umfangreichen Empfehlungen ab: ein differenziertes, verpflichtendes Berichtswesen von der Farmebene bis zu den Saatgutkonzernen unter Einbeziehung zivilgesellschaftlicher und staatlicher AkteurInnen steht hier im Mittelpunkt. Aber auch konsequentere gesetzliche Verbote von Kinderarbeit sowie Verbesserungen in den Anforderungen von Nachhaltigkeitsstandards im Baumwollanbau unterstützen die Erreichung dieses zentralen SDG-Ziels der Abschaffung von Kinderarbeit.
(Dr. Sabine Ferenschild, 28 Seiten)
Factsheet: Flinke Finger. Kinderarbeit auf indischen Baumwollsaatgutfeldern
Studie: Flinke Finger. Kinderarbeit auf indischen Baumwollsaatgutfeldern
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Titelbild: Jörg Böthling