Länderprofil Ukraine – Europas Sweatshops

Die Clean Clothes Campaign und ihre Partnerorganisationen haben ab 2014 mehrfach die Lohn- und Lebenssituation der Arbeiter*innen in der Bekleidungsindustrie und ihrer Familien in Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Georgien, Kroatien, Mazedonien, Moldawien, Polen, Rumänien, der Slowakei, der Tschechischen Republik, der Türkei und in der Ukraine untersucht. Die Untersuchung beruht auf Analysen der sozioökonomischen Situation im Bekleidungssektor und des nationalen Arbeitsgesetzes sowie auf Interviews mit Arbeiter*innen außerhalb des Betriebsgeländes. Den gesamten Report „Im Stich gelassen“ von 2014 findest Du hier.

Wir fanden unter anderem folgende Marken vor:  Zara, H&M, Hugo Boss, Adidas, Puma, Nike, Levi’s, Benetton, Mango,  Versace, Esprit und C&A. Hier geht es zum Firmencheck.

2016 wurde auch die Modebranche in Albanien von der Clean Clothes Campaign und der gemeinsamen Initiative Change Your Shoes untersucht.

2017 konnten Studien zu Unternehmen in Ungarn und Serbien erarbeitet und die Ergebnisse zur Ukraine aktualisiert werden (s. auch hier).

PDF herunterladen: LÄNDERPROFIL UKRAINE

DIE BEKLEIDUNGS- UND SCHUHINDUSTRIE IN DER UKRAINE

“Auf dem Papier verdienen wir den gesetzlichen Mindestlohn, aber tatsächlich bekommen wir weniger.“

Nach einer Phase der Deindustrialisierung in den 1990er Jahren, als ein großer Teil des Marktes für ukrainische Bekleidung und Schuhe zusammenbrach, erlebte die Bekleidungsindustrie im Rahmen des EU-Handelssystems der Passiven Lohnveredelung (PLV) ein erneutes Wachstum, das bis 2007 anhielt. Die weltweite Produktions- und Finanzkrise 2008/2009 sowie die ukrainische Wirtschaftskrise in Folge des militärischen Konflikts im Land ab 2014/2015 führten zu einem Stillstand. Allein im ersten Halbjahr 2009 schrumpfte der Bekleidungssektor um 38 %12. 2014/15 kam es aufgrund des Krieges und der militärischen Auseinandersetzungen erneut zu einem vergleichbaren Rückgang. Die Beschäftigungssituation in der Bekleidungs- und Schuhindustrie war jedoch stabiler als in anderen Wirtschaftssektoren: Während die Beschäftigung in der Leichtindustrie (primär Bekleidungsproduktion) zwischen 2010 und 2015 um rund 25 % zurückging, sank die Beschäftigung in der Rohstoffgewinnung im selben Zeitraum um 40 %13. Eine kontinuierliche Deindustrialisierung war zu beobachten, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass der Osten der Ukraine, das Zentrum des
militärischen Konflikts, die am stärksten industrialisierte Region war und auch intensive Handelsbeziehungen mit Russland unterhielt.

Drei der 35 Befragten hatten in den vorangegangenen fünf Jahren Urlaub außerhalb des Landes gemacht. Alle anderen befragten ArbeiterInnen müssen ihren Jahresurlaub am „Grünen Meer“ verbringen, wie eine Arbeiterin scherzte: Sie arbeiten auf ihren Feldern. Sie können sich nicht vorstellen, ihren Jahresurlaub woanders zu verbringen. (ForscherIn)

EIN SCHLÜSSELSEKTOR DER UKRAINISCHEN WIRTSCHAFT

Im Jahr 2015 waren in der ukrainischen Bekleidungs-, Textil-, Leder- und Schuhindustrie 72.000 Beschäftigte gemeldet. Aufgrund des Ausmaßes an nicht gemeldeten Arbeitsverhältnissen kann jedoch geschätzt werden, dass rund 220.000 ArbeiterInnen in der Bekleidungs- und Schuhindustrie beschäftigt sind (diese Zahl beinhaltet gemeldete und nicht gemeldete ArbeiterInnen). Die wichtigsten Teile der Bekleidungsindustrie befinden sich geografisch näher an den Exportmärkten in der Westukraine. Schuhe werden hauptsächlich im Norden und im Süden des Landes hergestellt. (Industry of Ukraine 2011–2015, p. 232)

“Mein Mann arbeitet als Wächter in Kiew, zweieinhalb Stunden entfernt. Auch er verdient 97 EUR, ein bisschen mehr als den Mindestlohn. Das Geld reicht hinten und vorne nicht, obwohl wir selbst Kartoffeln anbauen und unsere Eltern, die im Dorf leben, uns mit Nahrungsmitteln unterstützen. Wir leihen uns ständig Geld und zahlen es mit unseren Löhnen zurück.”

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