Der Textilgigant Inditex, zu dem auch die Marke Zara gehört, präsentiert sich gerne als transparentes Unternehmen, dem das Wohlergehen seiner Näherinnen besonders am Herzen liegt. Eine Recherche von Public Eye (Schweiz) zu den Produktionsbedingungen eines symbolträchtigen Zara-Hoodies gewährt einen Blick hinter diese Kulisse: Dumpinglöhne, exzessive Überstunden, prekäre Arbeitsverträge. Für den massiven Preisdruck, den der Modekonzern auf seine Zulieferer ausübt, bezahlen am Schluss die Arbeiterinnen und Arbeiter. Laut einer mit Partnern der Clean Clothes Campaign erstellten Schätzung verdient Inditex an jedem Kleidungsstück zwei Mal mehr als alle in der Herstellung involvierten Personen zusammen.
Public Eye wollte die Marketingfloskeln von Inditex einem Faktencheck unterziehen und hat dazu die Spur eines Kapuzenpullovers aus der Nachhaltigkeitskollektion „Join Life“ zurückverfolgt ─ bis ins türkische Izmir. Der Hoodie-Aufdruck „R-E-S-P-E-C-T: find out what it means to me“, eine Referenz an den Song von Soulkönigin Aretha Franklin, tönte vielversprechend. Die Recherchen entlang der Lieferkette zeigen einen immensen Preisdruck, den der Textilgigant auf seine Produktionsstätten ausübt: Eine mit der Herstellung von 20.000 (in Deutschland für je 29,99€ verkauften) Hoodies beauftragte Fabrik verdient pro Stück gerade mal neun türkische Lira (1,53 EUR). Angesichts solcher Tiefstpreise bleibt den Fabrikbesitzenden als Ausweg nur, ihrem Personal weniger zu zahlen, als dieses verdienen müsste, oder es länger arbeiten zu lassen, als es sollte.
Da der Fast Fashion-Riese keinerlei Zahlen zu den Löhnen seiner Lieferanten oder seinen Einkaufspreisen macht, hat Public Eye zusammen mit Partnern detailliert nachgerechnet, wie sich der Verkaufspreis des Hoodies in etwa zusammensetzt. Das Resultat: Inditex sackt pro Stück 4,20 Euro ein, was ungefähr doppelt so viel ist, wie alle übrigen in der Herstellung involvierten Personen zusammen daran verdienen (2,08 EUR) – von den indischen Baumwollfeldern über die Spinnerei im zentraltürkischen Kayseri bis in die Fabriken von Izmir. Nur 3.62 Euro pro Pullover wären nötig, um aus den aktuellen Hungerlöhnen garantierte Existenzlöhne zu machen. Im vergangenen Rekordjahr belief sich der Nettogewinn von Inditex auf sagenhafte 3,44 Milliarden Euro. Der Branchenprimus muss die Herstellerinnen und Hersteller seiner Produkte endlich an diesem Erfolg teilhaben lassen.
Weitere Informationen:
- Link zum Report
- Pressemitteilung von Public Eye