Unternehmen müssen Arbeiter*innen schützen und die Politik muss dies zur Pflicht machen – in Deutschland und in ganz Europa.
Vor neun Jahren starben 1.134 Näher*innen in den Trümmern des Fabrikgebäudes „Rana Plaza“ in Bangladesch, tausende wurden verletzt. Noch heute weigern sich Unternehmen wie Tom Tailor und Peek & Cloppenburg, Verantwortung für ihre Näher*innen zu übernehmen.
Nach der Katastrophe beteuerte die gesamte Modeindustrie, „Nie wieder Rana Plaza!“. Zum Schutz der Arbeiter*innen wurde drei Monate nach der Rana-Plaza-Katastrophe das Bangladesch Gebäudesicherheitsabkommen Accord abgeschlossen. Es war bahnbrechend, weil es für Betroffene einklagbar ist. Denn Rana Plaza hat gezeigt: Freiwillig kümmern sich Unternehmen nicht genug um die Sicherheit ihrer Arbeiter*innen – mit tödlichen Folgen.
Die Vereinbarung über Brand- und Gebäudesicherheit in Bangladesch hat entscheidend dazu beigetragen, die Fabriken in Bangladesch sicherer zu machen. Nun gibt es ein Nachfolge-Abkommen. Für Textilunternehmen müsste die Unterzeichnung dieses Folgeabkommens eine Selbstverständlichkeit sein. Ist es aber nicht. Es gibt immer noch etliche – auch deutsche – Unternehmen (wie Tom Taylor und Peek & Cloppenburg), die nicht unterzeichnet haben.
Für uns steht fest: Menschenleben schützen, das darf nicht auf freiwilliger Basis passieren. Wir brauchen verbindliche, effektive Maßnahmen zur Achtung der Menschenrechte. Deshalb fordern wir seit Jahren einen gesetzlichen Rahmen gegen Gewinne ohne Gewissen. Nach langem politischem Ringen hat der Bundestag im Juni 2021 endlich das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verabschiedet: Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, denn es schreibt deutschen Unternehmen erstmals verbindliche Maßnahmen zur Achtung der Menschenrechte vor. Leider hat die Wirtschaftslobby das Gesetz jedoch an zentralen Stellen abgeschwächt. Wir haben jetzt die Chance, diese Mängel zu beheben! Denn die Europäische Union arbeitet gerade an einem EU-weiten Lieferkettengesetz. Die Ampel-Regierung hat in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass sie ein wirksames EU-Gesetz unterstützt. Wir fordern Bundeskanzler Scholz dringend dazu auf, diese Ankündigung jetzt umzusetzen! Die EU kann und muss als drittgrößter Wirtschaftsraum der Welt mit einem starken Lieferkettengesetz einen entscheidenden Beitrag zu einer global gerechten Wirtschaft leisten. Dafür muss das Gesetz mindestens:
• die gesamte Liefer- und Wertschöpfungskette von Unternehmen erfassen, ohne Ausnahmen und Schlupflöcher;
• Unternehmen in Haftung nehmen und Geschädigten endlich die Möglichkeit bieten, erfolgreich vor Gerichten in Europa Schadensersatz einzuklagen;
• Es muss eine umfassende Beteiligung der Betroffenen bei der Umsetzung des Gesetzes sicherstellen.
Wenn es um die Umsetzung des Lieferkettengesetzes durch die Unternehmen geht, steht für uns fest: Eine Unterzeichnung des Accord-Folgeabkommens ist ein Muss für alle Unternehmen, die in Bangladesch und anderen Ländern produzieren lassen, in denen das Folgeabkommen gelten wird. Wenn ein Unternehmen dies nicht tut, nimmt es den Tod von Arbeiter*innen billigend in Kauf. Daher muss die Unterzeichnung des Accords als Mindestanforderung für die Erfüllung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten im Rahmen von Lieferkettengesetzen in Deutschland und Europa gelten.
Beitragsbilder: Bangladesch_Rana Plaza_CCC