An langen Tischen sitzen Menschen nebeneinander und nähen. Sie tragen Masken.

Türkei: Entlassene Textilarbeiter*innen kämpfen erfolgreich für ihre Abfindungen

Nach dem Erdbeben in der Südost-Türkei und Syrien im Februar 2023 mit über 50.000 Toten und Millionen Menschen, die ihre Häuser und Wohnungen verloren, konnten viele Textilarbeiter*innen des Denim-Herstellers Baykan Denim in Malatya nicht mehr zur Arbeit kommen. Sie hatten weiter entfernt eine bezahlbare Unterkunft gefunden. Daraufhin hatte sie ihr Arbeitgeber ohne Abfindung entlassen. Nach dem Gesetz durfte Baykan Denim diese Beschäftigten entlassen, hätte ihnen aber eine Abfindung zahlen müssen, da ein Erdbeben nicht deren Verschulden ist, sondern höhere Gewalt.

Die meisten Marken, zu deren Lieferkette Baykan Denim gehört, die also Waren dieser Fabrik bezogen, kümmerten sich nicht um diese Rechtsverletzung und ließen die Arbeiter*innen, die ihr Zuhause, Hab und Gut und ihre Arbeit verloren hatten, im Stich. Mit ihrer Gewerkschaft für Textil-, Weberei- und Lederarbeiter und der Clean Clothes Campaign wandten sich 28 der betroffenen Beschäftigten an die internationalen Bekleidungsmarken, für die Baykan Denim produzierte. Dazu gehören die spanische Inditex-Gruppe (Zara Bershka,…), die deutsche Marke s.Oliver, darüber hinaus britische und skandinavische Unternehmen sowie auch Gina Tricot, Varner und die US-Marke Urban Outfitters.

Nur ein Unternehmen übernahm Verantwortung: die Inditex-Gruppe

Sie sahen zwar ein, dass Baykan Denim damit gegen ihre Unternehmensstandards verstieß, erwarteten aber, dass die Beschäftigten den Arbeitgeber selber verklagen. Und auch Multi-Stakeholder-Initiativen wie die Fair Wear Foundation und die Ethical Trading Initiative unternahmen nichts, um den Arbeiter*innen zu ihrem Recht zu verhelfen. Den langwierigen und kostspieligen Rechtsweg können jedoch nur wenige von ihnen beschreiten.

Schließlich übernahm nur ein Unternehmen Verantwortung. Die Inditex-Gruppe kam den Appellen der Gewerkschafter*innen und Aktivist*innen nach und bewirkte, dass Baykan Denim im Dezember 2024 alle Beschäftigten, die sich über die Gewerkschaft BiRTEK-SEN organisiert hatten, vollständig mit umgerechnet 32.000 US$ entschädigte. Zehn weitere Arbeiter entschieden, dass sie den Rechtsweg gegen das Unternehmen fortsetzen. Die Gesamtzahl der nicht entschädigten Beschäftigten beläuft sich aber auf 270 Personen, auch ihnen sollte Gerechtigkeit widerfahren.

Bego Demir, Koordinator der Clean Clothes Campaign Türkei erklärt:
„Acht große Marken und zwei Multi-Stakeholder-Initiativen überließen gleichgültig die unverschuldet in Not geratenen Arbeiter*innen sich selbst, anstatt deren Fall proaktiv zu verfolgen. Das Beispiel zeigt aber auch, dass eine verantwortungsvolle Marke ernsthaften Einfluss auf die Lieferkette haben, Arbeitsrechte schützen, sinnvolle Maßnahmen ergreifen und Rechtsverstöße beheben kann.“

Beitragsbild: © Temiz Giysi Kampanyasına
Eilaktionen-Erfolge, Erdbeben, Türkei

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