Eine internationale Kampagne überzeugte die italienische Fabrik Magliere Cristian Impex in Rumänien, die Klage gegen eine rumänische investigative Journalistin wegen ihres Berichts über schlechte Arbeitsbedingungen bei einem der größten Bekleidungsproduzenten Rumäniens fallen zu lassen. In der Fabrik arbeiten ca. 900 Menschen, produziert wird für Luxusmarken wie Tommy Hilfiger, Marco Polo und LaCoste, aber auch für Marken wie Zara und Bershka. „Investigative Journalist*innen spielen eine wichtige Rolle dabei, das Vorliegen von schlechten Arbeitsbedingungen aufzudecken, denn Angestellte haben Angst darüber zu sprechen und das Thema ist tabu in der Öffentlichkeit”, sagt Bettina Musiolek von der Clean Clothes Campaign.
Daniela Kistler, von der Schweizer Clean Clothes Campaign fügt hinzu: „Mit der Anklage gegen eine Journalistin, die die schlechten Arbeitsbedingungen in der rumänischen Bekleidungsindustrie aufgedeckt hatte, versuchte die Fabrik eine kritische Stimme zum Schweigen zu bringen.“
Die Journalistin, Laura Ștefănuț recherchierte zur Bekleidungsindustrie in Bulgarien und Rumänien und entdeckte dabei Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen wie extrem niedrige Löhne, sehr lange Arbeitszeiten und harte Arbeitsbedingungen. Sie veröffentlichte ihre Ergebnisse in einem Artikel im Februar 2016. Seitdem wurde sie stark unter Druck gesetzt und war Einschüchterungsversuchen ausgesetzt. Schließlich erhob eine der Fabriken, die sie in ihrem Artikel genannt hatte, sogar Anklage gegen sie. Magliere beschuldigte Laura Ștefănuț, die Kunden der Fabrik mit ihrem Artikel abzuschrecken, infolgedessen Aufträge verloren gingen. Die Fabrik forderte einen Schadensersatz von 45.000 Euro von ihr und der Zeitung, die ihren Artikel veröffentlicht hatte.
Die Clean Clothes Campaign und Arbeitergruppen der USA kontaktierten Modemarken, die von dieser Fabrik Ware bezogen hatten, und forderten sie auf, ihren Zulieferer dringend zu bitten, die Klage gegen Ștefănuț fallen zu lassen, und mit ihrem Zulieferer zusammen zu arbeiten, um Einschüchterungen von Arbeiter*innen und Journalisten zu beenden. „Ohne internationalen Druck durch Arbeitergruppen, hätten sich die Modemarken nicht von diesem Rechtsfall in Europa in ihrer Lieferkette distanziert“, sagt Daniela Kistler. „Wir ermutigen Modemarken dazu, sich weiterhin durch konkrete Bemühungen an der Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Region zu beteiligen.“
„Modemarken lassen Konsument*innen glauben, dass ‚Made in Europe‘ ein Synonym für Arbeitsbedingungen ist, die besser als in Produktionsländern Asiens sind“, sagt Bettina Musiolek. „Ștefănuțs Bericht zeigt, dass das nicht der Fall ist, und dass schlechte Arbeitsbedingungen und sehr niedrige Löhne ein Problem der globalen Lieferketten weltweit sind. In Europas Niedriglohnländern ist die Bekleidungsindustrie berüchtigt für ihre Hungerlöhne und schlechten Bedingungen.“
Laura Ștefănuț berichtete selbst über ihre Erfahrungen mit den Einschüchterungen, der Anklage gefolgt von der internationalen Kampagne in einem Artikel im November 2016.
Mehr zum Thema:
• Schuhindustrie in Europa: „Arbeitsrechte mit Füßen getreten“, 2016
• Bekleidungsindustrie in Osteuropa und der Türkei: „Im Stich gelassen“, 2014
• Im Stich gelassen – Länderprofil Rumänien, 2014
Kontakt:
Bettina Musiolek, Entwicklungspolitisches Netzwerk Sachsen
E-Mail: bettina.musiolek@einewelt-sachsen.de
Tel: +49 (0)3 51- 4 92 33 – 81 (Di-Do), – 64