Sieben Jahre sind nicht genug: Keine Gerechtigkeit für Ali Enterprises Textilarbeiter*innen und ihre Familien
Dortmund, 10.01. 2019. Das Landgericht Dortmund fällte gestern eine sehr enttäuschende Entscheidung: Es wird den Fall zum Fabrikbrand bei dem pakistanischen Zulieferer des deutschen Textilunternehmens KiK vom Septmeber 2012 nicht verhandeln – wegen gesetzlichen Verjährungsfristen. Die Kläger*innen waren vier Mitglieder der Ali Enterprises Factory Fire Affectees Association. Mit dieser Entscheidung entzieht sich das Unternehmen jeglicher Verantwortungspflicht gegenüber den Arbeiter*innen, welche dessen Waren fertigen.
Der Fall Ali Enterprise blickt auf eine langjährige Geschichte zurück: Im September 2012 wurden mehr als 250 Arbeiter*innen bei dem verherenden Brand der Fabrik in Karachi, Pakistan getötet, unzählige weitere schwer verletzt. Hauptkunde war das deutsche Textilunternehmen KiK. Wenige Wochen vor dem tödlichen Brand erhielt die Fabrik von der Auditing Firma Social Accountability International ein SA 8000 Zertifikat und damit die Bestätigung, dass es internationale Gesundheits- und Sicherheitsstandards erfüllen würde. Die kurz darauf folgende Katastrophe brachte jedoch die verherenden Lücken in der Praxis von Social Auditings zum Vorschein. Die Sorge um mangelhafte Sicherheitsinspektionen in Pakistan wurde deutlich.
Nach langen und mühsamen Verhandlungen, bei denen die Clean Clothes Campaign seit Beginn eine tragende Rolle spielte, willigte das deutsche Unternehmen KiK, der einzige bis heute bekannte Kunde von Ali Enterprise, ein, eine Entschädigungssumme von 5,15 Millionen US Dollar für Lohnausfälle, die Kosten für ärztliche Behandlungen und Rehabilitation an die verletzten Überlebenden und die Angehörigen derer, die bei dem Unglück ums Leben gekommen sind, auszuzahlen. Nichtsdestotrotz bedeutete dieses Abkommen keine wirkliche Gerechtigkeit für die Betroffenen des größten Industrieunfalls Pakistans.
Mit Unterstützung des ECCHR und von medico international zogen vier Betroffene des Fabrikbrands gegen KiK in Deutschland vor Gericht. Im März 2015 reichten sie beim Landgericht Dortmund Zivilklage gegen KiK ein und forderten je 30.000 Euro Schmerzensgeld. Im Sommer 2016 erklärte sich das Gericht für zuständig. Am 29. November 2018 war der Fall erstmals mündlich verhandelt.
Das Verfahren ist ein wichtiger Schritt, rechtliche Verantwortung von multinationalen Unternehmen zu fordern, welche die Standards entlang ihrer gesamten Lieferkette nicht wahren und damit deutlich gegen Menschen- und Arbeitsrechte verstoßen. Als erste Klage dieser Art in Deutschland ist sie auch ein wichtiger Vorstoß in Richtung gesetzlich verankerter Unternehmensverantwortung.
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