Die Besitzer der Bekleidungsfabriken in Bangladesch haben äußerste Geringschätzung für das Wohlergehen der Arbeiter*innen und deren Leben außerhalb der Fabriken bewiesen. Am Montag, dem 16. Juli 2018, unterbreitete die BGMEA (Bangladesh Garment Manufacturers and Exporters Association) dem zuständigen Gremium („Wage-Board“) den Vorschlag, den Mindestlohn in Bekleidungsfabriken auf 6.360 Taka festzusetzen (entspricht ca. 64 €). Damit wird weder annähernd ein Existenzlohn-Niveau erreicht noch werden die erforderlichen legalen, aber nicht erfolgten Mindestlohn-Erhöhungen der letzten 5 Jahre ausgeglichen.
Der derzeitige Mindestlohn von 5.300 Taka (ca. 54 €) wurde im Jahr 2013 festgesetzt. Schon damals gab es viel Kritik, denn der Betrag reicht einfach nicht aus, Grundbedürfnisse der Arbeiter*innen abzudecken. Dieser Mindestlohn setzte sich zusammen aus einem Grundlohn (3.000 Taka = ca. 30 €) zuzüglich Zahlungen für Transport, Nahrung und medizinische Ausgaben.
Vorschriften nicht beachtet
Die Gesetzesnovellierung von 2013 sieht vor, dass die Grundlohn-Komponente jedes Jahr um 5% erhöht wird. Jedoch berichteten Arbeiter*innen, dass ihnen die jährliche Erhöhung seit 2013 vorenthalten wurde. Vor diesem Hintergrund wird noch deutlicher, wie unzureichend der Vorschlag des BGMEA ist.
„Wir verurteilen den Vorschlag des BGMEA sowie den gesamten bisherigen Lohn-Überarbeitungsprozess aufs Schärfste. Die vorgeschlagene Erhöhung des Grundlohns von 3.000 auf 3.600 Taka, die die Arbeitgeber*innen vorgeschlagen haben, ist nichts als ein Nachholen der gesetzlichen Vorgaben – mit einer Verspätung, die die Arbeiter*innen in den letzten Jahren Hunderte von Dollars gekostet hat,“ sagt Ineke Zeldenrust von der internationalen Clean Clothes Campaign (CCC).
Die von der Regierung und gegen den Willen der Gewerkschaften in das „Wage Board“ berufene Arbeiter*innenvertretung hatte einen Vorschlag zur Lohnerhöhung auf 12.020 Taka (ca. 122 €) eingereicht. Dieser Vorschlag steht im Widerspruch zu der Forderung, den neuen Mindestlohn auf 16.000 Taka (ca. 161 €) festzulegen, die im weitreichenden Konsens zwischen den Gewerkschaften in Bangladesch, einschließlich der lokalen Vertretung des globalen Gewerkschaftsverbands IndustriAll, vereinbart wurde.
Clean Clothes Campaign fordert Modemarken zum Handeln auf
Die CCC forderte schon im April Unternehmen mit bedeutenden Produktionsaufträgen in Bangladesch (u.a. ALDI, Takko, Hugo Boss, Esprit, Kik und H&M) per Brief (englisch) dazu auf, eine Vorreiterrolle einzunehmen, indem sie
- öffentlich die Forderungen der Arbeiter*innen nach den 16.000 Taka Mindestlohn unterstützen.
- sich längerfristig dazu verpflichten, aus Bangladesch auch nach der Lohnerhöhung Waren einzukaufen.
- bereit sind, ihren FOB (Free on Board)-Preis zu erhöhen, um die Lohnerhöhung praktisch umsetzbar zu machen.
- ihre Sorge hinsichtlich der Unterdrückung und Schikane von Gewerkschaftsführer*innen öffentlich ausdrücken.
Bis jetzt haben mehrere Unternehmen ihre allgemeine Unterstützung für eine Lohnerhöhung zugesagt, jedoch die oben genannten, erforderliche Schritte haben sie nicht unternommen.
Schweigen bedeutet Unterlassung!
„Wenn Unternehmen das aufrichtige und faire Engagement der Arbeiter*innen im Verhandlungsprozess unterstützen wollen, müssen sie jetzt ihre Stimme erheben. Schweigen bedeutet Unterlassung!“, sagt Ineke Zeldenrust und ergänzt: „Unternehmen haben die Verantwortung sicherzustellen, dass Arbeiter*innen, die die Kleidung produzieren, die sie verkaufen, einen Existenzlohn bekommen. Wir rufen erneut alle Unternehmen, die in Bangladesch produzieren lassen, dazu auf, ihren eigenen Standards nachzukommen und zu handeln, bevor das Mindestlohn-Gremium Ende August wieder zusammenkommt.“