Kampagne für Saubere Kleidung unterstützt Arbeitnehmergruppen bei der Forderung nach einer vollständigen Entschädigung im indonesischen Arbeitskonflikt
Vor mehr als sechs Jahren wurden 1.300 Arbeiter*innen eines indonesischen Zulieferers, der als Teil der Panarub-Gruppe für die Sportartikelmarken adidas und Mizuno produzierte, nach der Beteiligung an einem Streik entlassen. Nach jahrelanger Kampagnenarbeit für eine vollständige Entschädigung, unterstützt u.a. von der Clean Clothes Campaign (Kampagne für Saubere Kleidung – CCC), sah sich die ehemalige Gewerkschaft des Betriebs Ende des Jahres 2018 gezwungen, einer Entschädigungszahlung von 5 Mio. Rupien (300 Euro) pro Person durch die Panarub-Gruppe zuzustimmen. Die CCC kritisiert, dass diese deutlich niedriger liegt als das, was die Entlassenen benötigen und was ihnen zusteht. Sie erwartet, dass adidas und Mizuno sicherstellen, dass die Beschäftigten die ihnen zustehende Entschädigung in vollem Umfang erhalten.
Die Kampagne für Saubere Kleidung in Deutschland begleitet und unterstützt den Kampf der indonesischen Arbeiter*innen um die ihnen zustehende Entschädigung seit langem. „adidas und Mizuno haben gegen die OECD-Richtlinien für multinationale Unternehmen sowie gegen die UN-Leitsätze für Unternehmen und Menschenrechte verstoßen,“ so Dietrich Weinbrenner, Kampagne für Saubere Kleidung. Dort heißt es, dass Unternehmen ihre Menschenrechtsrisiken bewerten, ihren menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nachkommen und im Falle von Menschenrechtsverletzungen in ihrer Lieferkette die Folgen für die Rechteinhaber, in diesem Fall die Mitarbeiter*innen des Panarub-Betriebs, abschwächen und ihnen Zugang zu Wiedergutmachung gewähren müssen. „Dies hat adidas nicht in ausreichendem Maße getan, sonst hätte die Gewerkschaft in Indonesien nicht mit dem Rücken zur Wand verhandelt und einer Entschädigungssumme zugestimmt, die weit hinter den Erwartungen und Rechten der Beschäftigten zurückbleibt. Wir sehen adidas deshalb weiter in der Pflicht!“.
Kontakt:
Dietrich Weinbrenner, Kampagne für Saubere Kleidung
Tel.: 02302 – 912346, Mobil: 0163 5606406
E-Mail: Weinbrenner-D@vemission.org
Hintergrund:
Im Juli 2012 streikten 2.000 überwiegend weibliche Arbeiter*innen des Betriebs PT Panarub Dwikarya (PDK) in Indonesien für die Zahlung des geltenden gesetzlichen Mindestlohns, verbesserte Arbeitsbedingungen und das Recht auf Vereinigungsfreiheit. Am 23. Juli 2012 wurden etwa 1.300 von ihnen entlassen. Sechs Jahre später, im Sommer 2018, hatten 284 der damals entlassenen Arbeiter*innen immer noch keine Abfindung erhalten, während andere individuell auf frühere, niedrigere Entschädigungsangebote der Panarub-Gruppe eingegangen waren: In den vergangenen Jahren hatte Panarub trotz der Forderung der Gewerkschaft, die Entschädigungen kollektiv auszuhandeln, den einzelnen Arbeiter*innen Abfindungen in Höhe von knapp 240 EUR (4 Mio. IDR – Indonesische Rupien) angeboten.
Nach indonesischem Recht und indonesischer Praxis sind die Beschäftigten von PT Panarub Dwikarya berechtigt, gemäß Artikel 156 des Arbeitsgesetzes Nr. 13/2003, bei Entlassungen die doppelte Abfindung oder Abfindung und Vergütung zu verlangen. Die entsprechende Abfindung haben diejenigen erhalten, die Ende des Jahres 2013 entlassen wurden, als das Werk seinen Betrieb einstellte. Zusätzlich zu dieser Abfindung haben die im Juli 2012 Entlassenen Anspruch auf Auszahlung unbezahlter Löhne für 2012 und 2013, gemäß Artikel 155 des Arbeitsgesetzes Nr. 13/2003. Dies würde bedeuten, dass einE Arbeiter*in, der/die ab 2007 in der Fabrik arbeitete, Anspruch auf 5.266 EUR (86.229.522 IDR) hat.
Gegen die Arbeitsrechtsverletzungen bei PDK hatte die Gewerkschaft Beschwerde bei der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) eingelegt. Im Oktober 2016 kam der für diese Beschwerde zuständige ILO-Ausschuss für Vereinigungsfreiheit zu dem Schluss, dass die Entlassung der Arbeiter*innen durch PDK unrechtmäßig war und einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit nach internationalem Arbeitsrecht darstellt. Daraufhin wurde die indonesische Regierung in dem anhaltenden Konflikt um die Entschädigungszahlungen aktiv.
Die von den indonesischen Behörden begleiteten Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft und der Panarub-Gruppe, die seit Schließung des Betriebs PDK vor einigen Jahren die Verhandlungspartnerin der Gewerkschaft ist, begannen im Juli 2018 und sollten bis Ende Oktober 2018 abgeschlossen werden. Nachdem die Vertreter*innen der Arbeiter*innen ihre Forderungen im Laufe der Jahre erheblich reduziert hatten, lag ihre letzte Forderung bei 1.200 EUR (20 Mio. IDR) pro Person, aber dieses Angebot wurde von Panarub abgelehnt. Panarub zahlte stattdessen 300 EUR (5 Mio. IDR) pro Person, unabhängig von der Beschäftigungsdauer vor ihrer Entlassung. Obwohl sowohl die Regierung als auch Panarub einen gewissen Schuldenerlass für die angesammelten Schulden der Arbeiter*innen gewähren, haben in der Praxis viele der Arbeiter*innen Kredite aufnehmen müssen, deren Summe über die angebotene Entschädigung hinausgeht. Sie bleiben nun angesichts der niedrigen Entschädigungssumme mit nichts zurück.
adidas war über die Verletzungen der Arbeitsrechte bei PDK im Jahr 2012 informiert, gegen die die Arbeiter*innen schließlich mit ihrem Massenstreik protestierten. adidas entschied sich dafür, ihren Lieferanten – die Panarub-Gruppe – anzuweisen, seine Schuhe nicht mehr in der umstrittenen Fabrik PDK zu produzieren – eine Maßnahme, die weitere Rechtsverletzungen nicht verhinderte. Als die ersten Gewerkschaftsmitglieder im Februar 2012 entlassen wurden, wurde bei PDK noch für adidas produziert und dies gilt auch für den Zeitraum bis kurz vor den Streiks von Juli 2012. Andere dialogorientierte Maßnahmen, die von adidas durchgeführt wurden, nachdem die 1.300 Beschäftigten entlassen worden waren, setzten die Panarub-Gruppe nicht so unter Druck, dass Panarub Abhilfe für die Beschäftigten (z.B. durch Wiedereinstellung oder Entschädigung) geschaffen hätte. Darüber hinaus arbeitet adidas weiterhin mit der Panarub-Gruppe, der Muttergesellschaft von PDK, zusammen.
Der japanische Auftraggeber Mizuno, der von der CCC und dem internationalen Gewerkschaftsverband IndustriALL ebenfalls aufgefordert wurde, mit der Gewerkschaft PDK zu verhandeln, weigerte sich bislang, zu einer Einigung beizutragen.
Die internationale CCC hat zusammen mit dem deutschen SÜDWIND-Institut und der indonesischen Arbeitsrechtsorganisation LIPS bei der deutschen nationalen Kontaktstelle (NKS) der OECD Anfang des Jahres 2018 Beschwerde gegen adidas in diesem Fall eingereicht. Aufgrund der Richtlinien der deutschen NKS können die Beschwerdeführer während des Schiedsverfahrens nicht zum Inhalt der Beschwerde Stellung nehmen.